Von San Juan del Puerto nach Valverde del Camino - Via Verde de los Molinos del Agua
Im Südwesten Spaniens, nicht weit von der Großstadt Huelva entfernt, beginnt ein Radweg auf einer alten Bahnstrecke, die vor allem der Erschließung der reichen Erzvorkommen der Region diente. Die Hafenstadt Huelva im Mündungsgebiet des Río Odiel und des Rio Tinto hatte wegen ihres Zugangs zum Atlantik eine große wirtschaftliche Bedeutung. Die reichen Minen des Hinterlands wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem von den Engländern ausgebeutet. Für den Transport des Erzes wurden die Bahnstrecken gebaut, die heute als Vías Verdes den Radlern zur Verfügung stehen.
Ehemaliges Tagebaugebiet der Minen am Rio Tinto
Mit dem Niedergang des Erzabbaus verließen die Britischen Unternehmen die Region. Zurück blieb im Hinterland eine ausgebeutete und zerstörte Umwelt, deren Besichtigung für den Besucher unverzichtbar ist: Mit der touristischen Bummelbahn durchquert man das riesige Abbaugebiet der "Minas de Río Tinto", ein gigantischer Schrottplatz mit alten, rostigen Lokomotiven, Abraumhalden in unglaublichen Farbschattierungen und einem Fluss, dessen Wasser von tiefroter Farbe eine eigenartige Stimmung bewirkt. Dieser Teil der Tagebauminen ist längst verlassen, in einem anderen Bereich (Cerro Colorado = farbiger Hügel) wird der Kupferabbau mit moderner Technik seit 2016 weiter betrieben. Durch die zerstörte Landschaft der verlassen Tagebauminen fährt heute eine Museumseisenbahn, die durch die Initiative der einheimischen Jugend den Besuchern ein unwirkliches Szenario als Erbe einer zerstörerischen Ausbeutung aufzeigt.
Aktueller Tagebau im Jahr 2018 am Cerro Colorado
Die Provinzhauptstadt Huelva (2019 ca. 145.000 Einwohner) ist bei Touristen nicht sehr begehrt, denn es fehlen die historischen Sehenswürdigkeiten, da die Stadt im Jahre 1755 durch das "Erdbeben von Lissabon" fast völlig zerstört wurde. Wir fanden allerdings bei unserm Besuch im Spätsommer 2018 eine lebendige südspanische Stadt mit dem sehenswerten zentralen Platz "Plaza de las Monjas" und den Terrassen der Bars und Restaurants. Direkt an den Platz grenzt das Zentrum mit Geschäften und Einkaufsmöglichkeiten. Die Arbeitslosigkeit in der Region Huelva ist wie in ganz Andalusien hoch, und die Anbindung an die Hauptstadt Madrid per Eisenbahn ist ausgedünnt. Im Delta der Flüsse Río Tinto und Río Odiel befinden sich die Fabriken der Petrochemie, die früher für Aufschwung und Wohlstand in der Region sorgten.
Die Schmalspurstrecke "Ferrocarril de Buitrón" verband die Orte Buitrón-Zalamea la Real (Mina Concepción u.a.) mit dem Ort San Juan del Puerto (2018 etwa 9000 Einw.) nahe der Stadt Huelva. Sie folgte den Flussläufen des Rio Odiel und des Rio Tinto etwa 71 Kilometer landeinwärts. Der Betrieb begann im September 1870. Die Strecke diente haupsächlich dem Transport des Erzes und der notwendigen Güter und hatte eine Spurbreite von 1,067 m (Britische Meterspur, CAP-Spur, 3½ englischen Fuß oder 42 englischen Zoll). Zwischen 1875 und 1935 wurde auch der Personenverkehr bedient, und es entstanden weitere Verzweigungsstrecken zu den regionalen Erzminen.
Schlepptenderlok 201 (Stephenson & Hawthorns) am Kreisel El Calero in Rio Tinto (Bj. 1953 / 1954), bis etwa 1983 in Betrieb
Lok 205 am Rio Tinto
In den Jahren 1904 bis1906 übernahm die United Alkali Company die Bahnstrecke. Bis zum Beginn der 1920er Jahre florierte die Industrie der Region, jedoch der Niedergang wurde durch den Spanischen Bürgerkrieg und die damit verbundenen ökonomischen Probleme eingeleitet. 1942 übernahm der Spanische Staat (Explotación de Ferrocarriles por el Estado, "EFE") die Bahnstrecke und reaktivierte den Personenverkehr. Im Jahr 1957 wurde einige Zweigstrecken stillgelegt die Hauptstrecke zwischen San Juan del Puerto und Valverde del Camino war weiterhin in Betrieb. 1965 übernahm die FEVE die Bahnstrecke. Am 30. April 1969 erfolgte die endgültige Stilllegung.
Auf den verlassenen Trassen der alten Transportwege des Erzes sind in der Region Huelva drei Radwege entstanden. Sie folgen, wie die Bahnstrecke, den Flussläufen des Rio Odiel und des Rio Tinto . Der ausgebaute Radweg trägt den Namen Via Verde de Los Molinos del Agua und führt über knapp 35 km nach Valverde del Camino, wo er sich als Vía Verde de Ríotinto (noch nicht ausgebaute Strecke) weitere 35 km fortsetzt. Den Namen Molinos del Agua erhielt der Radweg, weil er durch das Tal des Baches Arroyo Renegoso führt, der einst die Turbinen mehrerer aufeinander folgender Getreidemühlen antrieb.
Am Rio Tinto
Der Radweg beginnt an einem staubigen Rastplatz nördlich der Autobahn A-49, etwa 500 m vom nördlichen Ortsende von San Juan del Puerto und ca. 15 km nordöstlich von Huelva entfernt. Wer sich von dem ungepfegten Ambiente nicht abschrecken lässt, hat eine Fahrt durch die flache Hügellandschaft des Andévalo vor sich. Der Radweg nutzt in seinem gesamten Verlauf die alte Bahntrasse, so dass keine heftigen Steigungen zu befürchten sind. Verpflegung findet man in den Ortschaften, sicherer ist es, selbst ausreichend Proviant und Flüssigkeit mitzunehmen. Die Qualität des Radwegs schwankt stark: Es gibt reichlich vernachlässigte Abschnitte, auf denen umsichtige Fahrweise geboten ist, teilweise ist der Asphalt stark beschädigt, teilweise besteht die Fahrbahn aus verfestigter Erde und grobem Splitt. Mit Schlaglöchern und Hindernissen auf der Fahrbahn muss man rechnen. Die Beschilderung ist ausreichend, teilweise auch beschädigt oder nicht mehr lesbar, aber der Weg auf der Trasse ist kaum zu verfehlen. Die Kilometrierung ist unvollständig, aber man kann sich nach den Bahnkilometern gut orientieren.
Bald nach dem Ort Trigueros (7 km) geht die vom Getreideanbau geprägte Landschaft in eine von Pinien, Korkeichen und Eukalyptusbäumen bewachsene Hügellandschaft über. Der ehemalige Bahnhof von Beas (abgerissen) lag ca.3 km östlich des Ortes. Mehrere Bäche in dieser Region, die offensichtlich früher reichlich Wasser führten, trieben die kleinen Mühlen an, die dem Radweg seinen Namen gaben. Die restaurierten kleinen Gebäude sind entlang der Ruta de los Molinos (Wanderweg) zu finden.
Der Radweg steigt nun etwas an und durchquert ein Waldgebiet mit Pinien und Eukalyptusbäumen. Auch Zistrosenbüsche, die ihren charkteristischen Duft verströmen, findet man reichlich am Rande des Weges. Bei Fuente de la Corcha (Kilometer 20) gibt es einen kleinen Rastplatz. An alten Korkeichen vorbei geht es weiter bergauf. Bei KIlometer 27 der ehemaligen Bahnstrecke (Venta del Cuervo) befand sich ein Bahnhof, dort überquert der Radweg die N-435 auf einem eisernen Steg. Nur noch 7 KIlometer auf der asphaltierten Trasse fährt man parallel zur Nationalstraße nach Valverde del Camino. Hier findet man Verpflegung und Übernachtungsmöglichkeit.
Am nördlichen Ortsende, am Hang jenseits des restaurieten Bahnhofs, steht die Villa des Direktors der Alkali United Company, genannt Casa Dirección, erbaut im Jahr 1912 im englischen Baustil. Sie beherbergt heute das Museo Etnografico und dient als kulturelles "Multifunktionszentrum" mit Cafeteria. In dem hübschen Garten steht zur Erinnerung eine alte Lokomotive.
Verbranntes Land: Trostlos wirkt der Rastplatz jenseits der Autobahn A-49 bei San Juan del Puerto, dem Startpunkt der Via Verde de los Molinos del Agua.
Für die Zufahrt vom Ort hat man zwei Durchlässe geschaffen (Blick zurück). Der Weg macht einen vernachlässigten Eindruck, eine kleine hölzerne Lok verziert den Startpunkt.
Hier ist die Kilometrierung noch in Ordnung. Die Trasse wurde zur Hälfte mit Asphalt befestigt, der Rest besteht aus fester Erde und Splitt.
Streckenweise hat die Fahrbahn stark gelitten! In Trigueros ist auch der Pflegezustand mangelhaft und die Fahrbahn eingeengt.
Eigentlich eine schöne Ortsdurchfahrt, wenn die Fahrbahn besser wäre. Wegweiser gibt es hier nicht, dafür wird eine Verbesserung des Weges versprochen - bis dahin vorsichtig fahren!
Wir lassen uns nicht abschrecken! Die Strecke führt durch Getreidefelder Richtung Bergland. Am Wegrand findet man Reste der Kilometrierung, oft nicht mehr lesbar.
Durch Olivenplantagen und die südländische Vegetation folgt man der alten Bahnstrecke.
Die Vegetation wird dichter, die Landschaft grüner.
Korkeichen und Pinien spenden etwas Schatten in der Mittagshitze.
Schon fast ein grüner Tunnel, die Nähe der Wasserläufe ist unübersehbar.
Auch die neuen Wegweiser erfreuen uns sehr! 11,2 Kilometer liegen hinter uns, noch 21,8 km zum Ziel. Aber Vorsicht, es lauern Gefahren: ein verrosteter, umgeklappter Pfosten und eine stark ausgewaschene Fahrbahn!
Rastplatz am abgerissenen Bahnhof Beas und Abzweig in den ca. 3 km entfernten Ort. In dieser Region befinden sich die kleinen alten Getreidemühlen, deren Turbinen vom Wasser des Arroyo Renegoso angetrieben wurden**: Molinos del Agua.
Weiter den Wegweisen nach, die sporadisch auftauchen. Die Trasse steigt nun merklich an.
Der Kilometerstein 13 steht zwischen den Zistrosensträuchern. Dann wird auch die Fahrbahn besser, auf glattem Asphalt roll es sich gut.
Überhaupt - ein schöner Abschnitt des Radwegs! Auch die Wegweiser sind neu.
Es geht immer noch aufwärts - hier durch einen Einschnitt, gesäumt von Eukalyptusbäumen.
Vorbei am Rastplatz Fuente de la Corcha, dann wieder aufwärts durch einen langen Einschnitt.
Alte Korkeichen in bizzarren Formen wachsen aus dem roten Lehmboden.
Es fährt sich angenehm auf Asphalt, aber wieder lauern Gefahren für den Radler, in Form von Klappsperren und deren Reste.
Dann erreicht man das Gebiet des ehemaligen Bahnhofs Venta del Cuervo (km 27). Hier steht heute eine Tankstelle. Über einen eisernen Steg geht es auf die andere Seite der Nationalstraße N-435
Vorbei am Wohngebiet, der Radweg verläuft nun im Abstand parallel zur N-453.
Valverde ist nicht mehr weit, eine Brücke kreuzt die Trasse.
Kilometer 33, eine grüne Lok begrüßt die Radler. Die Fahrrad-Allee führt in den Ort.
An dem kleinen Häuschen (Schrankenwärter?) endet der Ausbau der Trasse.Weiter geradeaus durch den Ort taucht ein Wasserbehälter auf.
Abgeschlossen hinter einem Zaun liegt der ehemalige Bahnhof von Valverde del Camino.
Die alte Bahnstrecke ist hier noch nicht zu Ende. Sie führt weiter in Richtung auf die Berge zu den riesigen Tagebauanlagen am Río Tinto. Diese Strecke ist nur teilweise ausgebaut. Aber man kann der Trasse noch einige Kilometer folgen. Wie es danach weitergeht, wird eine zukünftige Erkundung zeigen, denn der Weiterbau ist (09/2018) bereits im Gang: Vía Verde del Riotinto, weitere 35 km könnten einmal entstehen.
Die alten Eisenbahnen entlang des "Roten Flusses" rosten vor sich hin.
Aber der Zug des Ferrocarril Turistico Minero durchquert regelmäßig die großen Abraumhalden einer vergangenen Epoche. Diese Fahrt bietet den Besuchern eindrucksvolle Bilder einer ausgebeuteten Landschaft.
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Seite zuletzt geändert am 29.06.2020